Steigende Gaspreise: Alternativen zum russischen Erdgas?

Zwar wurde am vergangenen Freitag eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine beschlossen, doch wie stabil und verlässlich dieser Handschlag ist, kann derzeit niemand abschätzen. Auch aus energiepolitischer Sicht ist eine Beilegung des Konflikts in absehbarer Zeit wünschenswert. Wie der Energiedienstleister ISPEX mit Bezug auf seinen Energiepreisindex meldet, sind die Gaspreise zuletzt erneut leicht gestiegen – von 2,56 Cent pro Kilowattstunde (kWh) im Juli 2014 auf 2,63 Cent im August.

Dies wird unter anderen auf die aktuellen „weltpolitischen Entwicklungen“ zurückgeführt. Bereits im Juni hatte das Fraunhofer Institut errechnet, was geschehen müsste, damit sich Deutschland aus der Abhängigkeit von Erdgas aus Russland befreien könnte und kam zu dem Ergebnis, dass ein Importstopp innerhalb der nächsten fünfzehn Jahre nur dann möglich wäre, wenn die Umsetzung der Energiewende stark beschleunigt würde.

„Gefährdet Russland die Energiewende?“ fragte unlängst Fritz Vorholz in der ZEIT. Denn die Gerüchte, dass Russland aufgrund der anhaltenden Sanktionen gegen seine Wirtschaft den Schritt gehen könnte, die Gaszufuhr in die EU zu stoppen, werden immer wieder befeuert. Doch was würde das konkret bedeuten? Die Universität Köln hat demnach errechnet, dass EU-Länder einen Gasstopp allenfalls drei Monate lang auffangen könnte; Deutschland könne immerhin ein halbes Jahr lang durchhalten, den Winter also überstehen. Das ist deshalb von zentraler Bedeutung, weil Erdgas hierzulande vor allem zum Heizen verwendet wird. Es ergäbe sich also eine gewisse Pufferzone bis zum darauf folgenden Winter, doch dann, so der allgemeine Tenor, stünden ernsthafte Probleme an.

Auch ISPEX sieht daher keine Gefahr von Engpässen im kommenden Winter, anders sieht es für die Folgejahre aus. „Derzeit sind viele Einkäufer beim Gaseinkauf zurückhaltend. Der Grund liegt vor allem darin, dass die meisten Unternehmen das kommende Gaslieferjahr bereits eingedeckt haben und nun die politischen Entwicklungen abwarten. Sie hoffen auf eine Beruhigung des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland“, analysiert Stefan Arnold, Vorstandsvorsitzender der ISPEX AG. Auch die Ukraine, die von Russland nicht mehr beliefert wird, testet Alternativen wie zur Zeit eine Gaszufuhr aus der Slowakei. Sprunghafte Preissteigerungen seien allerdings je nach weiterem Verlauf des Konflikts nicht auszuschließen – Unternehmen müssten daher vorausschauend agieren und schnell reagieren können.

Es bleibt aber die Frage der langfristigen Lösungen, denn der Trend sieht nicht nach einer raschen Beruhigung aus, auch wenn mancher Kommentator mit dem Heraufbeschwören eines neuen kalten Krieges hoffentlich übers Ziel hinausschießt. In der aktuellen Ausgabe (4/2014) des Orient-Fachmagazins ZENITH bringt Susanne Kaiser in einem längeren Essay Algerien als langfristige Gas-Alternative ins Spiel. Der größte Abnehmer von algerischem Erdgas ist momentan Spanien, das gar kein Gas aus Russland bezieht, was zweifellos auch geografisch bedingt ist. Theoretisch, so der Tenor des Beitrags, wären große Gaslieferungen aus Algerien über Spanien auch nach Deutschland machbar, zumal Spanien viel mehr Gas beziehe als es brauche. Es hapere aber an der Infrastruktur: Technisch ist die Weiterleitung nach Deutschland und in andere EU-Länder aufgrund zu weniger Pipelines zum jetzigen Zeitpunkt kaum realistisch. Blockiert werde der Ausbau außerdem durch Frankreich, dessen Energielobby Nachteile befürchte. Ein nicht zu unterschätzender Faktor scheint zudem die politische Lage Algeriens, die zuletzt instabil wurde.